Deutscher Jiu Jitsu Bund

An diesem Lehrgangssonntag, dem 01.09.2024, ging es im Dojo des Bujindo in Mülheim an der Ruhr unter der fachkundigen Anleitung von Michal Kozak – Black Belt Brazilian Jiu Jitsu (BJJ), FightCenter Miko in Erftstadt – um eine, wie es in der Lehrgangsankündigung hieß, "Ablaufkette vom Guardpass zu verschiedenen Submissions".
Für diejenigen, die bisher noch keine Berührungspunkte mit dem auf Bodentechniken spezialisierten BJJ hatten, ließ sich der Titel des Lehrgangs vorab noch leicht flapsig als BJJ-Sprech für das Umgehen von Ukes Abwehrhaltung und die anschließende Anwendung einer Aufgabetechnik (Hebel oder Würger) übersetzen. Gezeigt wurde den Jiu Jitsuka aus verschiedenen NRW-Vereinen schließlich eine aufeinander aufbauende Technikfolge, an deren Ende in einer Version ein Würger, in einer zweiten ein Hebel zur Aufgabe Ukes führte.
Dabei wurde freilich Ukes Abwehrhaltung nicht einfach umgangen, wie es in der flapsigen Übersetzung hieß. Michal Kozak zeigte vielmehr, wie die Kraft Ukes, bei Beachtung des Winkels, unter dem sich diese Kraft äußert, ins Leere weitergeleitet werden kann, um anschließend ohne große eigene Anstrengung in eine kontrollierende Position an Ukes Seite zu gelangen. Auf diesem Lehrgang zeigte sich, dass nicht nur Begriffe vom BJJ ins klassische Jiu-Jitsu übersetzt werden müssen: Die Aufforderung nach einer Technikdemonstration in die Übung zu gehen, angekündigt durch ein gemeinsames Klatschen auf Drei – anstelle der klassischen Verbeugung zum Sensei –, klang erst nach etwa der Hälfte der Zeit halbwegs synchron und laut, mit nur noch wenigen Ausreißern.
 

Bei den Techniken war die Übersetzungsleistung der Teilnehmenden dadurch erleichtert, dass BJJ wie das klassische Jiu Jitsu es vermeidet, mit Kraft gegen Kraft anzukämpfen. Ähnlich wie beim Ausweichen wird auch im Boden der Winkel zum Partner geändert, um nur noch gegen schwache Körperstellen wie Gelenke arbeiten zu müssen oder durch Hebelwirkung die eigene Kraft zu erhöhen. Je weniger Kraft auf aussichtsloses Abkämpfen verwendet werden soll, umso mehr muss sich der Geist anstrengen. BJJ erwies sich im Lehrgang als äußerst taktisch. Daraus ergibt sich auch, wie Michal Kozak öfters betonte, dass es immer mehrere Möglichkeiten gibt, um gut aus einer Position weiterzuarbeiten. Funktioniert beispielsweise bei einem Partner, aufgrund äußerst ausgeprägter Gelenkigkeit, ein Kimura-Hebel nicht, lässt sich schnell in einen alternativen Hebel wechseln oder stattdessen ein Würger ansetzen, ohne die Kontrolle zu verlieren.

Beeindruckend war für die Anwesenden die Leichtigkeit in der Michal Kozak mit Uke fast schon spielte und sich immer wieder in Positionen brachte, in denen er, ohne große Anstrengung, Ukes Bewegungsmöglichkeiten auf ein Minimum beschränkte und bisweilen die Gegenwehr nutzte, um einen neuen Übergang einzuleiten. Wie bei allen komplexen Bewegungsabläufen lebt auch das BJJ von ihrer Zergliederung in einfacher zu erlernende Elemente und deren stetiger Wiederholung.
Erst durch dauernde Wiederholung der gleichen Bewegungsabläufe erlangt man die Perfektion, die sich als Leichtigkeit in der Anwendung des technischen Repertoires zeigt. Entsprechend war der Lehrgang – wie bereits erwähnt – als Folge ineinandergreifender Techniken konzipiert. Dabei wurde immer ein Teil herausgegriffen und mehrfach wiederholt. Deutlich wurde hier, dass, aufgrund der begrenzten Zeit, die Techniken zur Vertiefung auch im eigenen Verein im Nachgang des Lehrgangs noch weiter zu wiederholen sind. Die Übungen im BJJ vergingen letztlich allzu schnell. Für den Wettkampf am Boden, auf den der Lehrgang ausgelegt war, konnte Michal Kozak den Lernenden noch mitgeben, dass bei mehreren voraussichtlich zu bestreitenden Wettkämpfen, die schnelle Aufgabe des Gegners das Ziel sein sollte, um die eigene Kondition zu schützen. Auch das Halten einer kontrollierenden Position, bei der man selbst im Gegensatz zum Gegner wenig Energie aufwenden muss, wurde bei Punktevorteil als Taktik vorgeschlagen.
 

Zum Abschluss des Lehrgangs gaben Michal Kozak und sein Team den sich im Randori miteinander befindlichen Teilnehmenden wertvolle Hinweise für den Bodenkampf auf den kommenden Meisterschaften und standen anschließend noch einmal für Fragen aller Art zur Verfügung. Auf die Frage, wie bei zwei Angreifenden draußen auf der Straße aus einem Hebel im Boden am besten auszusteigen sei, um sich anschließend des zweiten Gegners entledigen zu können, zeigten sich die Grenzen der Übersetzung von einem System ins andere.
BJJ als Wettkampfsport, so Michal Kozak, funktioniert nur begrenzt für die Selbstverteidigung. Bei zwei Angreifenden sei der Kampf auf dem Boden zu vermeiden. Bestenfalls ergreife man die Flucht und falls dies nicht mehr möglich ist, andere Mittel, sich zu schützen. Am Ende des Lehrgangs gab es lauten Beifall für Michal Kozak und sein Team.
Josef Djakovic – 9. Dan Jiu Jitsu, Präsident des DJJB und der KID sowie 1. Vorsitzender des den Lehrgang ausrichtenden Bujindo – sprach schließlich aus, was auch den Teilnehmenden bereits auf der Zunge brannte. Der Austausch sei sehr gewinnbringend und man sehe viel Verbindendes. Dies werde sicherlich nicht der letzte BJJ-Lehrgang mit Michal Kozak und seinem Team im DJJB gewesen sein.

Text: Christoph Hövel
Bilder: Josef Djakovic