Deutscher Jiu Jitsu Bund

Von Freundschaft wird viel gesprochen. Welchen Wert Freundschaft hat, zeigt sich dann, wenn das zwischenmenschliche Miteinander belastet wird, wie es in der Zeit der Pandemie geschehen ist. Auch der Deutsche Jiu Jitsu Bund legt in allem Tun großen Wert auf den Gedanken der Freundschaft, schließlich gehört es zur Balance des Jiu Jitsuka, sich die Person(en) auf und abseits der Matte nicht nur als Partner, Uke oder Gegner vorzustellen, sondern in ihnen auch den Menschen zu erkennen.
Anfang Mai dieses Jahres fanden in Otterbach/Rheinland-Pfalz die 12. Deutschen Meisterschaften des DJJB statt. Die Wettkämpfer aus den Reihen des DJJB hatten nach einer längeren Unterbrechung wieder die Möglichkeit, sich in fairen Wettkämpfen zu messen. Eine gute Vorbereitung hierfür bot bereits der 31. Internationale Jiu Jitsu Lehrgang in Otterbach, der im März stattfand. Das "Otterbacher Triple" wird nun vervollständigt durch die Ausrichtung der Internationalen Meisterschaften der United Nations of Ju Jitsu (UNJJ), welche ebenfalls in der Ortsgemeinde im Landkreis Kaiserslautern stattfinden werden, und zwar vom 4.-7. Oktober 2024. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Korporation Internationaler Danträger (KID) im November 2023 wurde die internationale Ausrichtung des Jiu Jitsu im DJJB noch einmal ausdrücklich begrüßt und bekräftigt.
Somit wird deutlich, dass der Gedanke des Internationalen und in Freundschaft Verbindenden fest in der DNA von KID/DJJB und UNJJ verankert ist und bleibt. Was auf einer Makroebene verwirklicht und organisiert werden muss, will zugleich auch auf einer Mikroebene gelebt werden. Hierbei soll im Folgenden ein Blick von Deutschland aus nach Griechenland vorgenommen werden: Während Griechenland schon seit der Antike ein Land der sportlichen Wettkämpfe ist, führte das Jiu Jitsu bis vor wenigen Jahrzehnten in Hellas, dem Land des Pankration (antike Kampfkunst bei den altgriechischen Festspielen), eher ein stiefmütterliches Dasein.
Also machten sich seinerzeit der damalige Präsident KID/DJJB (Dieter Lösgen, 10. Dan Jiu Jitsu; heute Ehrenpräsident) und der damalige Vorsitzende Josef Djaković KID/DJJB (damals 6. Dan Jiu Jitsu) auf den Weg nach Griechenland, um auch hier die Grundlage für eine langjährige Freundschaft und Zusammenarbeit zu den griechischen Jiu Jitsuka um Christos Barberis (damals 4. Dan Jiu Jitsu) zu legen. Wie eng die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene im Bereich des Jiu Jitsu ist, zeigt sich exemplarisch am Engagement des DJJB bei der Förderung des Jiu Jitsu in Griechenland in der Praxis.
Der Lehrer vor Ort, Christos Barberis, hat fast 30 Jahre in Deutschland gelebt und wollte in Griechenland, seiner malerischen Heimat, Jiu Jitsu weiter betreiben und verbreiten, was sich jedoch am Anfang seiner Bemühungen unter den gegebenen Umständen als sehr schwierig herausstellen sollte. Eine Starthilfe war notwendig. Dieter Lösgen und Josef Djaković flogen also vor gut 25 Jahren, nachdem es zu einem vielversprechenden telefonischen Austausch mit Christos Barberis gekommen war, nach Kavala/Griechenland, um sich vor Ort einen ersten Eindruck zu machen. Der Aufenthalt hatte von Anfang an den Charakter von Lehrgang und Urlaub zugleich, was sicherlich auch daran lag, dass man hier sofort den Eindruck hatte unter Freunden zu sein, die in höchstem Maße die Unterstützung wertschätzten. Christos Barberis hatte sich, als er vor vielen Jahren Kontakt zum DJJB aufnahm, kaum vorgestellt, wie intensiv, freundschaftlich und herzlich die Zusammenarbeit einmal werden würde. Es folgten zahlreiche Anschlussbesuche. Von Besuch zu Besuch zeigte sich immer deutlicher, dass sowohl die technische als auch die organisatorische Aufbauarbeit bereits gute Fortschritte gemacht hatte.
In der Zwischenzeit erinnerten uns aber auch andere Gegebenheiten daran, wie eng wir auch heute noch sprachlich mit der griechischen Antike verbunden sind, denn der gedankliche Fokus rückte vom Pankration weg zur Pandemie. – Jahre vergingen, bis wieder über einen Besuch in Kavala nachgedacht werden konnte. Also Urlaub oder Arbeit in Kavala/Griechenland? Und wer sollte hinfahren? Diese Fragen stellten sich Josef Djaković (mittlerweile 9. Dan Jiu Jitsu, Präsident KID/DJJB) und sein Sohn David Djaković (2. Dan Jiu Jitsu, Kinder- und Jugendwart) bei den Vorbereitungen schon, denn der Aufenthalt vom 15.-23. Mai 2024 weckte auf beiden Seiten große Erwartungen: „Wie wird unser Verein, das Dojo und unser Jiu Jitsu in Kavala auf den Großmeister und seinen Sohn aus Deutschland wirken?“, kursierten die Gedanken auf der einen Seite. Auf der anderen Seite war die Sicht der beiden Besucher bestimmt von Überlegungen, wie in der Woche des Aufenthaltes möglichst viel Wissen an die Jiu Jitsuka aus Kavala zu vermitteln sei – und wie dies verständlicherweise mit dem Gedanken von Urlaub vereinbart werden könne.
Es kam, wie es kommen sollte: Tägliches Üben bis zum Teil in die Nacht hinein und Gespräche von Mensch zu Mensch über Budo hinaus bestimmten den Tagesablauf von Gästen und Gastgebern. Und all das von Anfang an in einer freundschaftlichen und familiären Atmosphäre – als hätte man sich gerade noch gesehen…
Das Training im Dojo von Christos Barberis (5. Dan Jiu Jitsu) war intensiv und geprägt von großer Dankbarkeit und Wissbegier. Das machte es Josef und David Djaković leicht, ihr fundiertes Wissen über das Jiu Jitsu weiterzugeben: In den zahlreichen Trainingseinheiten wurden unterschiedliche Technikgruppen geübt, aber auch verschiedenste Einzelfragen wurden thematisiert. Es kommt immer wieder auf die (innere) Haltung an, mit der man die Matte betritt. In diesem Zusammenspiel von Lehren und Lernen kann so viel Wissen weitergegeben werden. Und Training und Menschen bilden eine Einheit. Aber auch die bezaubernde Landschaft rund um den Ort Kavala zieht jeden Gast in ihren Bann, sodass auf jeden Fall Urlaubsfeeling aufkam. Besonders gilt dies für das Dojo in unmittelbarer Nähe zum Meer. Was will man mehr? Die Woche verging wie im Flug und der sich anschließende reale Rückflug nach Deutschland bot den beiden Referenten Gelegenheit, um das Erlebte Revue passieren zu lassen und die bunten und emotional positiv aufgeladenen Bilder einzuordnen...
 

Fazit: Es stand schon beim ersten Besuch fest, dass der jährliche Lehrgang in Kavala das Zeug zur Tradition hat. Tradition wächst aber von Jahr zu Jahr – auch wenn es Unterbrechungen gibt. Schritt für Schritt kann hier in Kavala, wo Christos Barberis und seine Jiu Jitsuka wirken, zuversichtlich in die Zukunft geschaut werden, sodass das "Pflänzchen" Jiu Jitsu wächst und gedeiht. Wir werden auch weiterhin gegenseitig verlässliche Partner und Freunde sein, auf die sich die Jiu Jitsuka in Kavala/Griechenland verlassen können. Tiefe Freundschaft überdauert eben schwierige Zeiten und ein Gegenbesuch mit Urlaub ist ausdrücklich erwünscht...

Text: Andreas Dolny & Volker Schwarz
Bild: DJJB