Nach Konfuzius ist es bekanntlich sinnlos, miteinander Pläne zu machen, wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht. Am Anfang einer jeden Gemeinschaft stellen sich alle Beteiligten verständlicherweise die Frage, warum man sich als Gemeinschaft zusammenschließen soll. Es geht um die Hoffnung auf Stärkung der Einzelnen in der Gemeinschaft. Hierzu gehört für alle Beteiligten auch, dass man nicht immer sämtliche Maximalforderungen oder -vorstellungen realisieren kann. Im Fokus steht immer auch der Gedanke, was ein harmonischer Zusammenschluss geeigneter Menschen langfristig an Positivem für Individuum und Gemeinschaft schafft.
Diesem Gedanken folgend, wurden Anfang der 70er Jahre sorgfältige Planungen vorgenommen, sich in einer sinnvollen, geeigneten und würdigen Form ein gemeinsames und einheitliches Fundament zu geben. Hierbei sollte eine Dachorganisation für fachkompetente und charakterlich geeignete Lehrer (Sensei) geschaffen werden: die Korporation Internationaler Danträger (KID).
Korporation bezieht sich hier auf den schon aus dem Mittelalter stammenden Organisationsbegriff, der sich aus lat. corpus (Körper) herleitet. International beschreibt die Ausrichtung und Danträger beschreibt die Zielgruppe. Für die KID bedeutete dies vor gut 50 Jahren, dass unter der kampfkunsttechnischen und geistigen Führung von Hans-Gert Niederstein Hanshi (*1928, †1985; 10. Dan Jiu Jitsu, 2. Dan Judo, Präsident KID/DJJB) eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten geschaffen wurde.
Zu den engsten Vertrauten Hans-Gert Niedersteins gehörten Dieter Lösgen (10. Dan Jiu Jitsu, 1. Dan Judo, Ehrenpräsident KID/DJJB), Dieter Mäß (8. Dan Jiu Jitsu, 1. Dan Judo) und Josef Djakovic (9. Dan Jiu Jitsu, 2. Dan Judo; Präsident KID/DJJB).
 

Um dieses 50-jährige Jubiläum angemessen zu feiern, hatte der Vorstand der KID seine Mitglieder für den 4. November 2023 zum Rittermahl auf der Burg Blankenstein in Hattingen an der Ruhr in das gleichnamige Restaurant eingeladen. Und so war dieser Abend auch vom Gedanken von Tradition und Kontinuität berührt, denn, nachdem unser Vorsitzender Denis Heinrich (4. Dan Jiu Jitsu) die Jubiläumsfeier mit seinen Worten eröffnete, leitete er über zu Dieter Mäß, welcher als Gründungsmitglied der KID die Entstehung und Entwicklung der KID unter der Leitung von Hans-Gert Niederstein bis in die Gegenwart auf eindrucksvolle Weise präsentierte.
Es folgte die Rede von Dieter Lösgen (Ehrenpräsident KID und Gründungsmitglied KID), der – selbst von 1985 bis 2018 Präsident der KID – die Frage der Wirkung und Bedeutung von Hans-Gert Niederstein als Präsident von KID/DJJB beleuchtete und im Folgenden auch die Frage seines "Erbes", die Entwicklung von Kata im DJJB sowie die internationale Ausrichtung in den Jahrzehnten seiner ihm nachfolgenden Präsidentschaft einordnete. Josef Djakovic, Präsident von KID/DJJB seit 2018, stellte in seiner Rede die Aufgaben im Hier und Jetzt sowie die Zukunftsaufgaben von KID und DJJB mit der Verstetigung und Weiterentwicklung der nachhaltigen Verbandsstrukturen, auch durch gute Führungsleistungen ermöglicht, in den Mittelpunkt seiner Betrachtung.
 

Alle vier Reden thematisierten die Geschichte der KID vom Anfang bis in die Gegenwart, wobei auch den anwesenden KID-Mitgliedern, welche durch starken Beifall ihre Zustimmung bekundeten, deutlich wurde, dass die Geschichte der KID gerade erst begonnen hat. So sind die Beweggründe, welche vor gut einem halben Jahrhundert zum Zusammenschluss geeigneter Jiu Jitsuka geführt haben, heute die gleichen: Sinn und Ziel war damals und ist noch heute die Vereinigung aller internationalen, fachkompetenten Jiu Jitsu Lehrer, die diese Kampfkunst im Sinne der Gründungsmitglieder pflegen und die technischen als auch geistigen Werte gemäß dem japanischen Ehrenkodex "Bushido" in Gestalt des "Bushido der KID" vermitteln wollen. Dies wird in einem fortschreitenden Prozess durch ständige Ausbildung (Lehrgänge, Seminare, Prüfungen...) der Schüler und Lehrer erstrebt und stellt dem Verband hervorragende technische Leistungen und einen pädagogisch und didaktisch reifen Lehrernachwuchs sicher.
Die KID, welche dem Deutschen Jiu Jitsu Bund übergeordnet und diesem in fachsportlicher Hinsicht weisungsberechtigt ist, konnte von Anfang an bedeutende Impulse für die erfolgreiche Weiterentwicklung und Festigung des Jiu Jitsu geben und wird es auch in Zukunft tun. Die KID ist der vitale Rahmen, der erforderlich ist, um den Prozess der Weiterentwicklung unseres Jiu Jitsu – ob als Selbstverteidigung, Kampfkunst oder Kampfsport – zwischen den Polen "traditionell" und "modern" am Horizont der Wirklichkeit gelingend in die Zukunft zu tragen. So schaut die KID mit Stolz und in Ruhe auf ihre Tradition und ihre Werte.
Wer heute als Jiu Jitsuka des DJJB nach einem mehrjährigen Prozess der Anwartschaft – in der Regel frühestens mit dem 2. Dan Jiu Jitsu und mit freiwilligem Engagement – Teil der KID als Gemeinschaft wird, akzeptiert freiwillig Traditionen und Werte, die sich im Leitmotto Effektive Selbstverteidigung und traditionelle Werte widerspiegeln. Der Bezug zum Ehrenkodex "Bushido der KID" und die Verinnerlichung seiner zeitlosen Werte sind übrigens in der KID als essenzieller Maßstab in der "DNA" eines KID-Mitglieds hinterlegt.
 

Das Restaurant Burg Blankenstein, in dessen Räumlichkeiten die Feierlichkeiten durchgeführt wurden, bot in mehrfacher Hinsicht einen mehr als geeigneten Rahmen, schließlich begann hier vor gut 800 Jahren die Geschichte eines Gebäudes, das Raum und Zeit bis heute sicher überwinden konnte. Seine Nutzung änderte sich mit der Zeit, es folgten weitere Wandlungen, doch sein Fundament auf einem Felsen in der Nähe der Ruhr blieb gänzlich unerschüttert. – Somit war die Wahl des Ortes für die Jubiläumsfeier auch in symbolischer Hinsicht sicherlich sehr gelungen, da alle eingeladenen KID-Mitglieder in einem Rahmen feiern konnten, der dem Anlass würdig war: So wurden die Anwesenden mit mittelalterlicher Kleidung ausgestattet, bevor die "Ritter" an der Tafelrunde Platz nahmen, um gemeinsam auf gebührende Art und Weise – mit Blick auf Form und Inhalt – die KID, ihre Mitglieder und die gemeinsame Zeit mit allen Leistungen und Errungenschaften zu feiern.
Kommt man somit auf die eingangs vorgestellten Worte des Konfuzius zurück, wird am Ende dieses Textes Folgendes deutlich: Auch mehr als zweieinhalbtausend Jahre später hat die Botschaft des chinesischen Philosophen bestand, die Burg Blankenstein blüht in neuem Glanz, und 50 Jahre nach Gründung der KID stehen wir mit unserem Tun und Sein weiter auf dem gleichen stabilen Fundament, welches damals gut und sinnvoll geplant wurde, sich seitdem klug in die Gegenwart weiterentwickelte und von seinen Mitgliedern gerne in die Zukunft getragen werden wird.
 

Text: Volker Schwarz & Andreas Dolny
Bilder: KID