In den ostasiatischen Kampfkünsten (Budo) schreibt man dem Wasser die Eigenschaften der Flüssigkeit und Weichheit zu. Bewegungen sollen in diesem Sinne geschmeidig, weich und flüssig sein. Bruce Lee hat es einmal im übertragenen Sinne treffend formuliert: "Be water, my friend!" Hier steht das Konzept des Wassers im Kontext von Budo im Mittelpunkt.
Wie zerstörerisch und verheerend die ungebändigte Kraft des Wassers sein kann, hat erneut die Flutkatastrophe vom Juli 2021 gezeigt. Das Unwetterereignis, wie wir es in den Medien verfolgen konnten, hat uns alle schockiert und berührt – in den Orten der Flutkatastrophe hat sie Menschen hingegen getroffen und in ihrer Existenz bedroht.
Das dominierende Thema dieser Tage wurde uns ins Wohnzimmer, aufs Mobiltelefon oder ins Auto geschickt. Nach reiflicher Überlegung und Planung übermittelte Denis Heinrich (4. Dan Jiu Jitsu, Vorsitzender DJJB/KID) im Namen von DJJB und KID einen Aufruf zur Solidarität an die Mitglieder. Diese kamen dem Hilfsaufruf in zahlreichen größeren und kleineren Aktionen gerne nach, sodass dieser Bericht exemplarisch einen Einblick in die Hilfsbereitschaft und Solidarität innerhalb von DJJB und KID gewähren kann:
Das erst vor kurzem renovierte Dojo des TuS Arloff-Kirspenich e.V. in Bad-Münstereifel-Arloff wurde am 14. Juli 2021 schwer in Mitleidenschaft gezogen, Trainingsmaterial beschädigt oder zerstört und das gesamte Dojo mit schlammigem Wasser geflutet. Am Samstag, den 31. Juli 2021, fanden sich hier helfende Hände ein, um tatkräftig das Dojo und die angrenzenden Räumlichkeiten – natürlich unter Einhaltung aller Hygiene- und Gesundheitsvorschriften – von Schlamm und Wasser zu befreien.
 

Der Cheftrainer des TuS Arloff-Kirspenich, Josef Flecken (3. Dan Jiu Jitsu), der die Hilfsaktion mit Vorstandsmitgliedern des TuS Arloff-Kirspenich vor Ort koordinierte, setzte die Helfenden schnell ins Bild und bedankte sich herzlich fürs Kommen. Während der Jiu Jitsuka auf der Matte im Rahmen der Abwehren gegen bewaffnete Angreifer manchmal mit den Übungswaffen Messer, Kurzstock, Langstock und Pistole "bewaffnet" ist, bot sich dem Beobachter an diesem Tag ein besonderes Bild: Der Kurzstock wich Kehrblech und Feger, das Messer der Bürste, der Langstock trat zu Gunsten von Besen, Abzieher und Schrubber in den Hintergrund – bei der Pistole blieb zumindest mit Blick auf den Abzug alles beim Alten, denn hier kamen die Kärcher zum Einsatz. Keiner war sich für irgendeine Tätigkeit zu schade.
Selbst Höchstgraduierte übernahmen bereitwillig "niedrigste" Tätigkeiten. Die Gemeinschaft zählt. Alles eine Sache der inneren und äußeren Haltung. "Diese Hilfe ist eine Angelegenheit von Anstand, Solidarität und Freundschaft…", betonte Frank Reichelt (5. Dan Jiu Jitsu, Schatzmeister DJJB/KID). Das Tagesergebnis konnte sich sehen lassen. Der Trakt mit Duschen und WCs wurde komplett gereinigt, Nebenräume ebenfalls gesäubert und trockengelegt. Auch im Dojo selbst ging es mit der Reinigung der Oberflächen vorwärts. Außerhalb des Dojos wurde Inventar vom Schmutz befreit und getrocknet.
Aber es bleibt noch sehr viel zu tun, bis die Matten wieder im Dojo ausgelegt werden können. Der Hilfseinsatz an diesem Wochenende musste aber am Nachmittag wegen einer angekündigten Brückensprengung (mit Evakuierung) vorzeitig beendet werden. Trotzdem wurde noch die "Belohnung" in Form von Pizza und Kuchen an die fleißigen Helferinnen und Helfer verteilt. Nach Stunden des intensiven Arbeitens kam man noch mal in Ruhe ins Gespräch und ließ den Tag und die vergangenen Wochen Revue passieren.
 

Die sichtbaren materiellen Schäden in der Landschaft, der Stadt und im Dojo werden über kurz oder lang sicherlich mit vereinten Kräften behoben werden können. Alle, die einen schmerzlichen Verlust erlitten haben, werden sich hingegen noch sehr lange mit der Verarbeitung ihres persönlichen Verlusts auseinandersetzen müssen. Diesen wünschen wir viel Kraft und Zuversicht. An dieser Stelle sei auch allen Helferinnen und Helfern an allen Einsatzorten herzlich gedankt und auf die Notwendigkeit auch in Zukunft Hilfe zu leisten hingewiesen. Das eingangs genannte Zitat des Königs des Kung Fu kann hier – aus dem Konzept des Wassers in der Kampfkunst herausgelöst – auch dienlich sein, um Widersprüche in Wort und Schrift aufzulösen und das Prinzip des Wassers als neue Herausforderung mit neuen erfolgreichen Lösungsansätzen und Lösungswegen anzunehmen und zu meistern.

Text: Volker Schwarz
Bilder: Frank Reichelt & Volker Schwarz