Deutscher Jiu Jitsu Bund

Ende Februar fand erstmals beim Deutschen Jiu Jitsu Bund ein Online-Workshop statt, an dem Mitglieder der Korporation Internationaler Danträger (KID) aus ganz Deutschland teilnahmen.
Die Idee und Initiative zu der Veranstaltung kam von dem Ausschuss Prävention und Gleichstellung, die Durchführung und Moderation übernahm Silke Gorges, 4. Dan Jiu Jitsu, die sich seit vielen Jahren beruflich gemäß ihrem persönlichen Credo: Stark durchs Leben mit diesen Thematiken beschäftigt.
Der Workshop als Baustein diente somit als präventive Maßnahme und sollte die Danträger*innen für die Vielfalt möglicher Grenzüberschreitungen und Respektlosigkeiten sensibilisieren, Raum für Austausch untereinander geben, sowie Handlungsoptionen für die Praxis aufzeigen. Der Workshop, welcher als Weiterführung von Lehrgängen und vergleichbaren Veranstaltungen auf der Matte zu verstehen ist, fand diesmal vollständig online statt. Da auch digital viele Möglichkeiten einer abwechslungsreichen Seminargestaltung bestehen, konnte dank der professionellen Vorbereitung in Kleingruppen oder bei interaktiven Umfragen über die unterschiedlichsten Formen und Erscheinungsformen der Grenzverletzung diskutiert werden.
Besonders bereichernd und interessant für alle war der Austausch zu folgenden Fragen: "Wo fangen Grenzverletzungen an?" oder "Was sind übergriffige und diskriminierende Handlungen?" oder "Wer entscheidet, ob eine Handlung grenzüberschreitend ist?" und natürlich "Wie gehen wir in unseren Vereinen als Trainer*innen und Dojoleiter*innen konkret damit um?". Hier wurde schnell deutlich, dass es je nach Erfahrung, Sichtweise und Interpretation sehr unterschiedliche Wahrnehmungen zu grenzüberschreitenden individuellen Äußerungen und Verhalten von Menschen einerseits und Situationen und Handlungen, in denen andererseits Grenzüberschreitungen beobachtet werden, geben kann. Fachlicher Input und Beispiele aus der Praxis zeigten die theoretisch große Bandbreite von Situationen, mit denen wir uns auch in unseren Dojos auseinandersetzen müssen.
Unsere Vereine sind auch ein Querschnitt der Gesellschaft und auch hier kann es zu Diskriminierungen, Ausgrenzungen, Sexismus, Rassismus und dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Werte und Sozialisierungen kommen. Zusätzlich kann es theoretisch auch in Bezug auf die Leistungen zu technischen, verbalen, körperlichen und geistigen Überforderungen und Grenzverletzungen kommen. Wer sich in Kampfkunst, Kampfsport – mit Selbstverteidigung und Selbstbehauptung – übt, muss auch lernen, sich ganzheitlich und psychisch zu verteidigen.
Hierzu gehört auch ein Training, dass robuste Passagen haben darf. Realistisches Training und Respekt vor der Würde des Menschen müssen aber immer Hand in Hand gehen. Hier gilt es, im Sinne aller Jiu-Jitsuka besonders sensibel und professionell vorzugehen und stets Transparenz und Akzeptanz zu schaffen.
 

Denn unsere Vereine und ihre Dojos sind Orte, an denen sich alle – die Jiu Jitsu üben und leben wollen – aufgehoben fühlen sollen. Diskriminierungen, Ausgrenzungen jeder Art, Sexismus und Rassismus haben bei uns nichts zu suchen.
Einen kleinen, aber dennoch sehr wertvollen Einblick in den Verlauf der Veranstaltung geben auch die Rückmeldungen von Teilnehmenden: "Der Workshop war unglaublich spannend und interessant. Anhand von echten, kurzen Fallbeispielen konnte herausgearbeitet werden, dass Grenzen sehr kontextabhängig und sehr individuell sind. Zum Ende des Workshops wurden uns (verbale) Werkzeuge an die Hand gegeben, wie man sich verhalten kann, wenn die eigenen Grenzen übertreten werden oder wenn eine Grenzübertretung beobachtet wird." "Ein rundum gelungener Workshop zum Thema ´Erkenne die Grenze´: Ich habe neue Eindrücke zu diesem weitreichenden Thema gewonnen, welche mich zum Nachdenken angeregt haben. Alle Teilnehmer*innen waren sehr diskussionsfreudig und mit viel Spaß bei der Sache. Ich nehme mit, dass es kein universelles Rezept zur Lösung gibt, da eine Grenzüberschreitung stets in einer individuellen Bewertung begründet ist und maßgeblich vom Kontext abhängt. Ein Ansatz im lösungsorientierten Umgang lautet ´Transparenz´, sodass die Eindrücke offen und vorwurfsfrei thematisiert werden können. Ziel ist es, ein Problembewusstsein zu schaffen, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und bei ´Problemen´ hinzusehen! Wir als Übungsleiter*innen und Trainer*innen im DJJB haben, neben einer Vorbildfunktion, eine verantwortungsvolle Schlüsselrolle zur ´Wahrnehmung einer Grenze´ inne."
Positiv wurde von allen Teilnehmenden der rege Austausch, sowie die Diskussionen über mögliche Lösungsansätze bewertet. Hierbei konnten die unterschiedlichen Erfahrungen und Sichtweisen ausgetauscht werden, wodurch allen die verschiedensten Aspekte und Blickwinkel zum Thema Grenzverletzung und auch die Handlungsansätze im Umgangs damit ins Bewusstsein gerufen wurden. Passend zu Botschaften wie "Tatsachen hören nicht auf zu existieren, nur weil sie ignoriert werden" oder "Wegschauen heißt zulassen" wurden Handlungs- und Hilfsmöglichkeiten vorgestellt und besprochen. Voraussetzung hierfür sind im DJJB und in seinen Vereinen gelebte Werte wie Empathie, Aufmerksamkeit, Ehrlichkeit und Achtsamkeit im Miteinander, sowie Transparenz, Kultur des Umgangs mit Fehlern bzw. Kultur des Kritisierens, Offenheit und Mut, falls es zu kleineren oder möglicherweise größeren Grenzverletzungen oder Grenzüberschreitungen kommt.
Alle waren sich einig, dass die Fürsorgepflicht zum Wohl und Schutz unserer Mitglieder an oberster Stelle steht und dieser Workshop ein weiterer wichtiger Schritt im Sinne einer Bestandsaufnahme und zur Sensibilisierung der Teilnehmenden war, so dass wir alle in Zukunft noch aufmerksamer, transparenter und verantwortungsvoller mit dieser Thematik umgehen können und das starke Fundament an bereits Erreichtem weiter ausbauen können.
Der Ausschuss Prävention und Gleichstellung im DJJB möchte den Vereinen und allen Mitgliedern auch weiterhin Handlungsoptionen und Präventionsmöglichkeiten aufzeigen und steht gerne für Fragen und Unterstützung zur Verfügung.

Silke Gorges