Die große Welle vor Kanagawa (Kanagawa oki nami ura) des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai (1760-1849) gehört zu den bekanntesten japanischen Farbholzschnitten und zu den berühmtesten graphischen Werken weltweit. Drei Boote mit ihren Besatzungen durchqueren vor der Küste Kanagawas das Wellental in ihrem Überlebenskampf mit den Naturgewalten. Im Mittelpunkt befindet sich Japans höchster und bedeutendster Berg: der Fuji – umschlossen von der ansteigenden Welle.
Es liegt im Auge des Betrachters, in diesem Bild mehr oder weniger zu sehen, etwas hinein zu interpretieren, Übertragungen vorzunehmen oder nur seine gewaltige Schönheit zu betrachten. Sicher ist, dass Japan und seine Menschen über Jahrtausende gelernt haben, mit Naturgewalten zu leben, sich anzupassen und die Erscheinungen und Bedingungen der Natur mit in die Kultur – also auch in die Kampfkünste – einfließen zu lassen. Sie sind gestärkt aus diesen Situationen hervorgegangen.
Nur wenige Übende können sich noch an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern, als die Ausübung der Kampfkünste in Japan und Deutschland über Jahre hinweg verboten war. – Wir lernen gerade, dass Normalität, wie wir sie kennen, im Alltag und auf der Matte offensichtlich nichts Selbstverständliches ist.
Katsushika Hokusai creator QS:P170,Q5586,
Katsushika Hokusai - Thirty-Six Views of Mount Fuji- The Great Wave Off the Coast of Kanagawa - Google Art Project,
als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Nach der Wiederöffnung der Sportanlagen – und damit unserer Dojos – waren alle froh, dass endlich nach einer monatelangen Durststrecke wieder Training möglich war. Mit Blick auf die Gewissheit, dass das Training wieder beginnen würde, hatte sich jeder selbst fit gehalten. Aber Training im Dojo ist trotz aller persönlichen Anstrengungen außerhalb desselben doch durch nichts zu ersetzen.
Das Üben im Dojo ist schließlich ein Alleinstellungsmerkmal. – Anfang November 2020 schloss sich dieser kleine Kreislauf wieder. Wir standen wieder da, wo wir vor der Wiederöffnung standen.
Und doch: Wir wissen heute, dass "Corona" uns noch eine Weile begleiten wird, und wir sind vorbereitet für die nächste Wiederöffnung. Dann können wir an die umfangreichen Vorbereitungen, welche schon im Juni im Trainingsalltag von großem Nutzen waren, anknüpfen. Schon unmittelbar nach dem ersten Shutdown im März begann die Organisation im Verband, was unmittelbar anstehende Aufgaben, Planungen und Kommunikation (intern und extern) betraf.
Noch wusste niemand, wann und wie es mit dem Jiu Jitsu als Kontaktsportart auf der Matte in naher Zukunft weitergehen würde. Die Kommunikation hierüber lief in Form von Video-Konferenzen, über E-Mails oder per Telefon. Schnell zeichnete sich ab, dass Video-Konferenzen fortan als probates Mittel dienen würden. Die Mitglieder des Deutschen Jiu Jitsu Bundes und der Korporation Internationaler Danträger (KID) wurden ebenfalls über digitale Plattformen und E-Mail auf dem Laufenden gehalten.
Über den YouTube Kanal des DJJB wurde Woche für Woche die "Technik der Woche" veröffentlicht. In den Vereinen wurde Kontakt gehalten, gleiches galt für die Vereinsmitglieder. So wurde die Zeit bis zum "Tag X" überbrückt. Doch vorher mussten weitere Vorbereitungen getroffen werden: Rahmenbedingungen geklärt, Gruppen eingeteilt, Zeiten vereinbart, Regeln kommuniziert.
Es wurden mehrere Gruppen gebildet, um die Anzahl der Übenden zu reduzieren, damit der Sicherheitsabstand im Dojo eingehalten werden konnte. – Dann konnte es losgehen. Mit Regeln hat der Jiu-Jitsuka als Freund von Form & Inhalt erfahrungsgemäß keine Probleme, so waren Abstands- und Hygieneregeln natürlich allen bekannt. Die Vereinsleiter als Experten vor Ort informierten sich genau über zusätzliche kommunale Vorgaben für den Betrieb in Sporthallen, denn nicht überall galten die gleichen Handlungsvorschriften.
Der Gi musste übrigens überwiegend zu Hause bleiben, denn es wurde vielerorts vorerst mit Trainingshose, T-Shirt und Sportschuhen geübt, und zwar unter freiem Himmel. Die Distanz von mindestens 1,5 Metern von Uke zu Tori wurde auch eingeübt. Hierbei wurde das gesamte Training auf die Vereinbarkeit von Infektionsschutz und Trainingsinhalten des Jiu Jitsu ausgerichtet, was konkret hieß, dass vor allem das Aufwärm- und Kräftigungstraining mit Dehnungs- und Koordinationsübungen verbunden wurde, sodass man stellenweise sehr genau hinschauen musste, um rein technische Elemente des Jiu Jitsu wiederzufinden.
Stattdessen wurden Grundtechniken intensiver geübt: Spätestens hier konnte jeder sehen, dass es sich bei den Schlag- und Tritttechniken, bei Wurfansätzen, Ausweichübungen und Blocktechniken und zahlreichen spezifisch im Jiu Jitsu vorzufindenden Bewegungsformen um Jiu Jitsu handelte. Alles ohne Körperkontakt bzw. mit dem imaginären Gegner.
Diese Phase diente in technischer Hinsicht ebenfalls als Überbrückung und große Motivation. Es war ein erster Schritt, weitere sollten folgen, bis wieder unter Einhaltung der Bestimmungen des Infektionsschutzes im Gi und auf Tatami geübt werden durfte. Ein realer Uke mit einem realen Tori! Mit Beginn der Sommerferien hatte man sich an die bestehenden Regelungen gewöhnt. Lehrgangsplanungen und auch Versammlungen konnten wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Mit dem Anstieg der Fallzahlen sickerten langsam leider auch wieder die begründeten Sorgen durch, dass der Trainingsbetrieb eingeschränkt oder sogar eingestellt werden könnte, was sich dann mit den ab dem 2. November 2020 geltenden – durch Bund und Länder in der Woche zuvor beschlossenen – Regelungen bewahrheiten sollte.
Der Vorstand von DJJB/KID, dem diese Entwicklung bewusst war, reagierte wie im März sofort mit entsprechenden Informationen und setzte Training und Lehrgänge für den November 2020 aus. Der Vorstand von DJJB/KID bereitet sich in der Zwischenzeit vor und wird dann bestmöglich an das bereits Erarbeitete anknüpfen und die Rahmenbedingungen voll ausschöpfen: Dies wird unser Training, unsere Lehrgänge, Prüfungen und Meisterschaften sowie das gesamte Leben im Verein und im Verband umfassen.
Wer unmittelbar mit den Naturgewalten zu kämpfen hat, der konzentriert sich wie die Bootsbesatzungen des Katsushika Hokusai auf das Naheliegende: Überleben und Durchkommen, danach zuversichtlich auf das Weiterkommen. Wir Budoka sitzen in einem Boot! Der Ausweg ist sichtbar und greifbar. Die Welle der Begeisterung für das Jiu Jitsu wird trotz der Corona-Amplituden nicht abnehmen. Dies gilt für die Zeit nach "Corona" und den (dann) überwundenen "Shutdown 2.0" , aber auch für das Meisterwerk des Katsushika Hokusai, übrigens nach der Aufhebung der Beschränkungen als Originalkopie wieder im Rijksmuseum in Amsterdam zu bewundern.
Wir möchten diesen Bericht schließen mit den Worten des Präsidenten von DJJB/KID Josef Djakovic (9. Dan Jiu Jitsu), welche er zu Beginn des zweiten Shutdowns Ende Oktober 2020 hier auf der Homepage des DJJB an den Verband gerichtet hat: "Gebt bitte alle auf euch acht, haltet euch an die Sicherheitsvorkehrungen, damit ihr, eure Schüler und eure Familien gesund bleiben und wir uns nach diesem zweiten Shutdown alle in unseren Dojo zum Training wiedersehen können."
Es liegt im Auge des Betrachters, in diesem Bild mehr oder weniger zu sehen, etwas hinein zu interpretieren, Übertragungen vorzunehmen oder nur seine gewaltige Schönheit zu betrachten. Sicher ist, dass Japan und seine Menschen über Jahrtausende gelernt haben, mit Naturgewalten zu leben, sich anzupassen und die Erscheinungen und Bedingungen der Natur mit in die Kultur – also auch in die Kampfkünste – einfließen zu lassen. Sie sind gestärkt aus diesen Situationen hervorgegangen.
Nur wenige Übende können sich noch an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern, als die Ausübung der Kampfkünste in Japan und Deutschland über Jahre hinweg verboten war. – Wir lernen gerade, dass Normalität, wie wir sie kennen, im Alltag und auf der Matte offensichtlich nichts Selbstverständliches ist.
Katsushika Hokusai creator QS:P170,Q5586,
Katsushika Hokusai - Thirty-Six Views of Mount Fuji- The Great Wave Off the Coast of Kanagawa - Google Art Project,
als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Das Üben im Dojo ist schließlich ein Alleinstellungsmerkmal. – Anfang November 2020 schloss sich dieser kleine Kreislauf wieder. Wir standen wieder da, wo wir vor der Wiederöffnung standen.
Und doch: Wir wissen heute, dass "Corona" uns noch eine Weile begleiten wird, und wir sind vorbereitet für die nächste Wiederöffnung. Dann können wir an die umfangreichen Vorbereitungen, welche schon im Juni im Trainingsalltag von großem Nutzen waren, anknüpfen. Schon unmittelbar nach dem ersten Shutdown im März begann die Organisation im Verband, was unmittelbar anstehende Aufgaben, Planungen und Kommunikation (intern und extern) betraf.
Noch wusste niemand, wann und wie es mit dem Jiu Jitsu als Kontaktsportart auf der Matte in naher Zukunft weitergehen würde. Die Kommunikation hierüber lief in Form von Video-Konferenzen, über E-Mails oder per Telefon. Schnell zeichnete sich ab, dass Video-Konferenzen fortan als probates Mittel dienen würden. Die Mitglieder des Deutschen Jiu Jitsu Bundes und der Korporation Internationaler Danträger (KID) wurden ebenfalls über digitale Plattformen und E-Mail auf dem Laufenden gehalten.
Über den YouTube Kanal des DJJB wurde Woche für Woche die "Technik der Woche" veröffentlicht. In den Vereinen wurde Kontakt gehalten, gleiches galt für die Vereinsmitglieder. So wurde die Zeit bis zum "Tag X" überbrückt. Doch vorher mussten weitere Vorbereitungen getroffen werden: Rahmenbedingungen geklärt, Gruppen eingeteilt, Zeiten vereinbart, Regeln kommuniziert.
Es wurden mehrere Gruppen gebildet, um die Anzahl der Übenden zu reduzieren, damit der Sicherheitsabstand im Dojo eingehalten werden konnte. – Dann konnte es losgehen. Mit Regeln hat der Jiu-Jitsuka als Freund von Form & Inhalt erfahrungsgemäß keine Probleme, so waren Abstands- und Hygieneregeln natürlich allen bekannt. Die Vereinsleiter als Experten vor Ort informierten sich genau über zusätzliche kommunale Vorgaben für den Betrieb in Sporthallen, denn nicht überall galten die gleichen Handlungsvorschriften.
Der Gi musste übrigens überwiegend zu Hause bleiben, denn es wurde vielerorts vorerst mit Trainingshose, T-Shirt und Sportschuhen geübt, und zwar unter freiem Himmel. Die Distanz von mindestens 1,5 Metern von Uke zu Tori wurde auch eingeübt. Hierbei wurde das gesamte Training auf die Vereinbarkeit von Infektionsschutz und Trainingsinhalten des Jiu Jitsu ausgerichtet, was konkret hieß, dass vor allem das Aufwärm- und Kräftigungstraining mit Dehnungs- und Koordinationsübungen verbunden wurde, sodass man stellenweise sehr genau hinschauen musste, um rein technische Elemente des Jiu Jitsu wiederzufinden.
Stattdessen wurden Grundtechniken intensiver geübt: Spätestens hier konnte jeder sehen, dass es sich bei den Schlag- und Tritttechniken, bei Wurfansätzen, Ausweichübungen und Blocktechniken und zahlreichen spezifisch im Jiu Jitsu vorzufindenden Bewegungsformen um Jiu Jitsu handelte. Alles ohne Körperkontakt bzw. mit dem imaginären Gegner.
Diese Phase diente in technischer Hinsicht ebenfalls als Überbrückung und große Motivation. Es war ein erster Schritt, weitere sollten folgen, bis wieder unter Einhaltung der Bestimmungen des Infektionsschutzes im Gi und auf Tatami geübt werden durfte. Ein realer Uke mit einem realen Tori! Mit Beginn der Sommerferien hatte man sich an die bestehenden Regelungen gewöhnt. Lehrgangsplanungen und auch Versammlungen konnten wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Mit dem Anstieg der Fallzahlen sickerten langsam leider auch wieder die begründeten Sorgen durch, dass der Trainingsbetrieb eingeschränkt oder sogar eingestellt werden könnte, was sich dann mit den ab dem 2. November 2020 geltenden – durch Bund und Länder in der Woche zuvor beschlossenen – Regelungen bewahrheiten sollte.
Der Vorstand von DJJB/KID, dem diese Entwicklung bewusst war, reagierte wie im März sofort mit entsprechenden Informationen und setzte Training und Lehrgänge für den November 2020 aus. Der Vorstand von DJJB/KID bereitet sich in der Zwischenzeit vor und wird dann bestmöglich an das bereits Erarbeitete anknüpfen und die Rahmenbedingungen voll ausschöpfen: Dies wird unser Training, unsere Lehrgänge, Prüfungen und Meisterschaften sowie das gesamte Leben im Verein und im Verband umfassen.
Wer unmittelbar mit den Naturgewalten zu kämpfen hat, der konzentriert sich wie die Bootsbesatzungen des Katsushika Hokusai auf das Naheliegende: Überleben und Durchkommen, danach zuversichtlich auf das Weiterkommen. Wir Budoka sitzen in einem Boot! Der Ausweg ist sichtbar und greifbar. Die Welle der Begeisterung für das Jiu Jitsu wird trotz der Corona-Amplituden nicht abnehmen. Dies gilt für die Zeit nach "Corona" und den (dann) überwundenen "Shutdown 2.0" , aber auch für das Meisterwerk des Katsushika Hokusai, übrigens nach der Aufhebung der Beschränkungen als Originalkopie wieder im Rijksmuseum in Amsterdam zu bewundern.
Wir möchten diesen Bericht schließen mit den Worten des Präsidenten von DJJB/KID Josef Djakovic (9. Dan Jiu Jitsu), welche er zu Beginn des zweiten Shutdowns Ende Oktober 2020 hier auf der Homepage des DJJB an den Verband gerichtet hat: "Gebt bitte alle auf euch acht, haltet euch an die Sicherheitsvorkehrungen, damit ihr, eure Schüler und eure Familien gesund bleiben und wir uns nach diesem zweiten Shutdown alle in unseren Dojo zum Training wiedersehen können."
Andreas Dolny & Volker Schwarz