Deutscher Jiu Jitsu Bund

Prüfungen im Jiu Jitsu sind notwendige Instrumente, um die Qualität der Lehre des Jiu Jitsu zu sichern.
Sie zeigen, ob ein Schüler einen Leistungsstand erreicht hat oder nicht. Darüber hinaus bieten Prüfungen die Möglichkeit, sich durch gezielte Stresszufuhr, seelisch auf mögliche Extremsituationen vorzubereiten. In der Prüfungsordnung des Deutschen Jiu Jitsu Bundes sind die Anforderungen an die Prüflinge – ob Kyu-, Mon- oder Dan-Grade – genau festgelegt. Doch Papier ist geduldig.
Viel wichtiger ist es, dass das über Generationen erarbeitete Wissen hochgraduierter Lehrer und Prüfer an den Mann bzw. an die Frau gebracht wird, damit wertvolles Wissen nicht verloren geht. Der Wissenstransfer gleicht eben einer vielfältigen Wanderschaft. Und was sind Prüfungen wert, wenn nicht auch die Prüfer selbst neben ihrer Erfahrung auch über ein möglichst solides Wissen um das Prüfungswesen verfügen? – Wenig, denn die Leistung des Schülers spiegelt die Leistung des Lehrers wider!
An dieser Stelle setzt der DJJB mit seinen eigens hierfür konzipierten Prüferlizenz-Lehrgängen an. Mindestens zweimal im Jahr werden die Prüferlizenz-Lehrgänge von erfahrenen Lehrern des DJJB ausgerichtet, um die Qualität der Prüfungen sicherzustellen. An diesem Samstag, den 7. September 2019, hatte Bernd Kampmann (7. Dan Jiu Jitsu) die Leitung des Lehrgangs im Dojo des Toshido Hagen übernommen, um die Anwesenden hinsichtlich des Prüfens, Bewertens und Benotens auf den neusten Stand zu bringen. Nach einem kurzen 'Warm-up' der Lehrgangsteilnehmer ging es sofort in die Theorie des Prüfungswesens.
Die Anwesenden tauschten sich aus über Prüfungen, Lehrgänge, Schwerpunkte von Prüfungsprogrammen, die Prüferlizenzen an sich, den Nachweis der Ersten-Hilfe und die Gewichtung von Dan-, Kyu- und Mon-Prüfungen. Bernd Kampmann sprach sich bei allen Themen für eine differenzierte Vorgehensweise aus, die den Prüflingen und ihrem Gürtelgrad gerecht wird. Mit jedem höheren Gürtelgrad steigen auch die Ansprüche mit Blick auf die Vielfalt und die Qualität des Gezeigten.
Aber auch der Konditionsstand und die Haltung auf der Matte während der Prüfung sind wichtige Gesichtspunkte, welche zu einer erfolgreichen Prüfung gehören. Dem Lehrgangsleiter war auch der Austausch untereinander wichtig. Im Rahmen des Austauschs kamen auch das 'Fingerspitzengefühl' bei Prüfungen und die Sammlung von Erfahrungen zur Sprache. Es geht auch bei der Abnahme einer Prüfung um Erfahrungen, die reflektiert werden müssen, damit man für die nächste Prüfung gewappnet ist.
Wer mit dem Prüfen beginnt, wird sein korrektes Prüfen in den Mittelpunkt stellen. Der schon Erfahrene kann sich mehr um Details und weitere Feinheiten kümmern. Derjenige, welcher schon seit Jahrzehnten prüft, wird die Weitergabe seines Prüfungswissens im Sinne des Verbandes – und der Schüler – in den Mittelpunkt stellen. Hier zeigt sich die Entwicklung des Lehrers als 'Schüler' hin zum Lehrer als Lehrer. Als Idealbild eines Lehrers wurde ein schon strenger (stringenter), wohlwollender und fairer Typus ausgemacht. Weitere Themen waren der 'Kreis' als Höchstform technischer Darbietung, wo sich der Prüfling als Verteidiger gegen mehrere Angreifer in schneller Reihenfolge glaubhaft und wirkungsvoll verteidigen muss, und die unterschiedlichen Prüfungsprogramme vom 2. Dan Jiu Jitsu bis zum 5. Dan Jiu Jitsu.
 

Für den Praxisteil hatte Bernd Kampmann die Halle etwas umgebaut. Es gab mehrere Stationen, an denen die einzelnen Gruppen an vorher festgelegten Aufgabenstellungen arbeiten sollten: Abwehren gegen Messer, Baseball-Schläger, das Passieren einer Engstelle oder die Situation in einer Ecke standen im Fokus.
Hierbei sollten nicht nur bereits erlernte Techniken zur Anwendung kommen, sondern vor allem der Austausch über diese, denn der Dan-Träger und Lehrer muss in der Lage sein, das Gelernte zu vermitteln und hierüber zu reflektieren, und zwar auch in der Gruppe. Das Ergebnis dieses Austausches war in jedem Fall wieder sehr lehrreich und hat der Gruppe viel Freude bereitet. Das Lehren und Lernen mit Freude schließt eben nicht nur Herzen auf, sondern lässt Geübtes besser sacken, damit es verinnerlicht werden kann.
Im Rahmen dieses Lehrgangs haben die Teilnehmer auch dieses Gefühl der Leichtigkeit trotz des anspruchsvollen Themas erlebt. So sollte es sein. Erfahrungsaustausch ist der Schlüssel für erfolgreiche Verbands- und Prüfungsarbeit, betonte Bernd Kampmann, und schloss damit den Lehrgang. Es war ihm wichtig klarzumachen, dass ein Dan-Träger des DJJB selbstbewusst ist und verantwortungsvoll mitdenkt.
Dies gilt für das Jiu Jitsu und auch für den Alltag. Die Teilnehmer – Ersterwerber oder 'alte Hasen' – waren an diesem Tage im Sinne des Goethe'schen Sinnspruchs aus Wilhelm Meisters Wanderjahre: "Von den drückenden Pflichten kann uns nur die gewissenhafteste Ausübung befreien" mit gutem Beispiel voran gegangen und hatten in einer entspannten Lernatmosphäre gut und konstruktiv mitgearbeitet und viel mit nach Hause und ins Dojo genommen.

Text: Andreas Dolny & Volker Schwarz
Bilder: Bernd Kampmann