Deutscher Jiu Jitsu Bund

Auch das größte Problem dieser Welt hätte gelöst werden können, solange es noch klein war. (Laotse)
Es liegt wohl im Auge des Betrachters, ob man Dinge, die auf uns zukommen, als Herausforderung oder als grundsätzliches Problem wahrnimmt. Es liegt weiter in der Natur des Menschen, dass er sich von Zeit zu Zeit Aufgaben sucht, die er bewältigen will und kann. Prüfungen allgemein gehören zu diesen sich selbst zugewiesenen Aufgaben.
Zu den Traditionen im Deutschen Jiu Jitsu Bund gehören die Dan-Prüfungen im Jiu Jitsu, welche zweimal im Jahr stattfinden. Nach den Dan-Prüfungen des ersten Halbjahres am 30. Juni 2019 fanden am Sonntag, den 8. Dezember 2019, die Dan-Prüfungen im zweiten Halbjahr beim Bujindo Mülheim statt.
An Prüfertisch I hatten Josef Djakovic (9. Dan Jiu Jitsu, Präsident KID/DJJB), Bernd Kampmann (7. Dan Jiu Jitsu, Referent Prüfungswesen) und Denis Heinrich (4. Dan Jiu Jitsu) Platz genommen, um mit geschultem Auge die Prüfungsleistungen der Jiu-Jitsuka zu bewerten und zu benoten. Am Tisch II saßen Dieter Mäß (8. Dan Jiu Jitsu), Harald Westrich (6. Dan Jiu Jitsu) und Tanja Behning (1. Dan Jiu Jitsu), um das Prüfungsprogramm der angetretenen Jiu-Jitsuka auf "Herz und Nieren" zu bewerten und zu benoten.
Der Bewertungsrahmen für Prüfungen innerhalb von DJJB und KID liegt bei Kyu- und Mon-Graden im Bereich von 4,0 Punkten bis hin zu (theoretischen) 6,0 Punkten. Während der Anfänger mit einer Prüfungsleistung im Bereich von 4,1-4,3 Punkten zufrieden sein kann, wird der fortgeschrittene Mon- und Kyu-Grad seine erfolgreiche Prüfungsleistung gerne im Bereich um 4,5 sehen wollen. Man wächst mit den Ansprüchen (die an einen gestellt werden).
Für die Dan-Prüfung gilt, dass sie mindestens mit 4,5 Punkten benotet werden muss, damit die Prüfung als "bestanden" gilt. Alle Prüflinge haben jedoch einen Anspruch an ihre Prüfung, welche im Ergebnis deutlich über der Mindestanforderung liegt. Auch hier steht die Note 6,0 als großes (theoretisches) Ziel vor Augen. In dem Streben nach oben spiegelt sich die Grundhaltung des Jiu-Jitsuka wider: Es reicht nicht aus, sich auf das Minimum einzurichten. Auch wenn es sein kann, dass man zu einem bestimmten Zeitpunkt das Minimum erreicht, weil die zahlreichen inneren und äußeren Faktoren (die Rahmenbedingungen des Tages oder eines Momentes) hierhin führten. Es liegt auch hier im Auge des Betrachters, ob etwas als Belastung oder Herausforderung betrachtet und angenommen wird.
Eine Dan-Prüfung ist immer eine Herausforderung für alle Beteiligten, denn es müssen bereits vor der Prüfung zahlreiche Vorbedingungen (Erste-Hilfe-Nachweis, Anzahl an Pflichtlehrgängen, Anmeldung des Cheflehrers und unzählige Stunden des Lernens, Wiederholens, Übens und Kritisiert-Werdens) erfüllt werden, bevor Tori und Uke am Prüfungstag ihre Füße auf die Matte setzen: zuerst Kata, dann das Prüfungsprogramm (mit Waffenschule), der Kreis und abschließend Mondo als Lehrgespräch. All dies setzt Timing und Durchhaltevermögen voraus.
 

An diesem Prüfungstag konnten die Anwesenden konzentriert die Darbietungen (und Prüfungsprogramme) der Prüflinge zum 1. Kyu Jiu Jitsu und zum 1. Dan Jiu Jitsu verfolgen. Hierbei stellte sich bei der Vielfalt an technischen Möglichkeiten schnell heraus, dass das Prüfungs- und Lehrwesen des DJJB nachvollziehbar großen Wert auf die Logik, Funktionsweise (Baukastensystem), Dynamik, Timing und Passgenauigkeit legt. So kann ein Angriff mit unterschiedlichsten Abwehren pariert werden, solange wichtige Kriterien berücksichtigt werden, die letztendlich zum Erfolg führen. Hierbei ist Erfolg als etwas Mehrdimensionales zu sehen, denn die erfolgreich von Tori und Uke geübte Technik soll nicht nur zeitlich gebunden bis zur Prüfung reichen. Sie soll vielmehr die Prüfung auch im Mondo "passieren" - von kundiger Seite kommentiert und korrigiert werden, damit sie vom zukünftigen Lehrer auch mit ruhiger Hand gelehrt werden kann und: im Ernstfall als Handlung des Selbst zur geeigneten und erfolgreichen Verteidigung dient. Jede Dan-Prüfung ist ein großer Stress-Test. Gut so! Denn 100 Prozent Fitness und 100 Prozent Genauigkeit der Technik stehen (als Idealzustand angenommen) über einen Zeitraum – der in dieser Situation wie Tage anmutet – auf dem Prüfstand.
Jede Prüfung ist ein Ziel für sich. Manchmal ist das nahe Ziel nicht zu erreichen und die Prüflinge treten später an, um dann gestärkt, sicher und erfolgreich aus der Prüfung hervorzugehen, wobei die wahre Prüfung schon im Vorfeld bestanden wurde. Und jeder weiß, wie es ist, wenn der Stress den Taktstock schwingt... Der Sieg über den Stress ist der Sieg über sich selbst und resultiert aus der langen Vorbereitungszeit, aus Lehrgängen und Übungsphasen, in denen zunächst Einzeltechniken vertieft werden, dann Module geübt werden und schließlich alle Module zum großen Ganzen – dem prüfungsfähigen Programm – verbunden werden.
Jiu Jitsu ist Bildung. Sie ist geeignet, den Menschen und seinen Charakter zu Höherem zu formen. Hierfür wird Zeit, Wille, Form sowie Formung benötigt. Raum (Dojo) und Zeit (Prozess des Übens) sind wesentliche Konstanten. Aus diesen erwächst die Fähigkeit, sich im Raum außerhalb des Dojos das Selbst in Körper, Geist und Seele im Augen-Blick zu verteidigen. Eine bestandene Dan-Prüfung ist immer das höchst erfreuliche Ergebnis des Tuns aller in der Gemeinschaft der Übenden, welche am Prüfungstag den Prüfling aus ihren Reihen heraus in den Fokus stellt, damit der nächste Schritt getan werden kann.
Denn Sein und Nichtsein erzeugen einander. Schwer und Leicht vollenden einander. Lang und Kurz gestalten einander. Stimme und Ton vermählen einander. Vorher und Nachher folgen einander.
(Laotse)

Nach getaner Prüfungs-Arbeit wurden traditionsgemäß die Nationalhymnen Deutschlands und Japans abgespielt und es die erleichternden Worte waren zu hören: "Es haben bestanden:

Der Deutsche Jiu Jitsu Bund gratuliert allen Prüflingen zur bestandenen Prüfung und wünschen für den weiteren Weg alles Gute.
 

Text: Volker Schwarz & Andreas Dolny, Bilder: DJJB