Nicht jeder ist Sportschütze, somit muss dieses für den Jiu-Jitsuka dringend notwendige Wissen über Faustfeuerwaffen erworben werden. Wer also als Jiu-Jitsuka Abwehren gegen Schusswaffen üben will, sollte sich über die Gefährlichkeit und die Wirkungsweise von Schusswaffen im Klaren sein. Selbst der beste Kämpfer kann sich nicht gegen eine aus der Distanz abgefeuerte Schusswaffe wehren. Das grenzt den Bereich der möglichen (und auch vertretbaren!) Abwehren gegen Schusswaffen wie Pistole und Revolver schon einmal deutlich ein. Das Kraft- und Gefahrenpotential, welches von einer geladenen und entsicherten Schusswaffe ausgeht, ist enorm hoch. Schnell hat man durch eine unbedachte Bewegung sich oder andere schwer verletzt – das ist dabei niemals zu unterschätzen und erfordert größte Konzentration. Dabei ist es einerseits sehr wichtig, selbst möglichst wenig Furcht vor der Schusswaffe zu fühlen, sich zu kontrollieren, andererseits sollte man großen Respekt vor der geladenen Schusswaffe als "Gegenüber" haben. Das gilt sowohl für die Situation hinter der Waffe als auch vor der Waffe und ihrem Lauf, denn man weiß nicht, wann sich der Schuss löst und wie die Flugbahn aussieht. Daher ist die Kontrolle der Waffe und die mögliche Flugbahn des Projektils von allergrößter Bedeutung.
Jürgen Rautert hatte inzwischen die Schießbahn für das Schießen mit der Pistole vorbereitet. Er ging dabei auf mögliche Fehler und Unfallursachen ein. Nun sollten alle der Reihe nach schießen und ein Gefühl für eine scharfe Schusswaffe bekommen. Durch Film und Fernsehen ist man heutzutage an den Anblick von Feuerwaffen gewöhnt, oder man übt während des Trainings mit einer echt aussehenden Nachbildung aus Holz oder Gummi, doch allein der Gedanke, mal eine scharfe, geladene Waffe in eigenen Händen zu halten, lässt einen als Neuling schon sehr nervös aussehen, und zwar mit allem Grund! Wer sich im Umgang mit Waffen als nervös oder unsicher zeigt, macht unter Umständen Fehler, die wir uns nicht "leisten" können. Eine scharfe Schusswaffe – ob Pistole, Revolver oder Flinte – verzeiht keine Fehler. Doch dank der sorgfältigen und umfassenden Einweisung und Leitung durch den Lehrgang von Dieter Lösgen und Jürgen Rautert konnten diese vermieden werden. Geschossen wurde übrigens auf eine Leinwand, auf der verschiedene geometrische Formen eingeblendet werden konnten. Nach ein paar Schüssen konnten die ersten Erfolge verbucht werden. Doch man musste sich auch an den Knall und den Rückschlag der Waffe gewöhnen. Eine korrekte Haltung ist auch hier extrem wichtig, um sowohl den Körper zu schonen als auch das Ziel zu treffen. Ohren und Augen wurden übrigens von allen mit Kopfhörern und Schutzbrillen gesichert – denn auch der buchstäblich ohrenbetäubende Knall jedes Schusses und heiße Patronenhülsen gehören zu den Begleiterscheinungen des realen Schießens! Nachdem die "Standardsituationen" von vorne abgehandelt waren, wechselte Gruppe nach unten zum Schießstand und die zweite Gruppe sollte bei Dieter Lösgen weitere Pistolenabwehren zum Kopf üben. Jürgen Rautert demonstrierte indes im zweiten Durchgang die Funktionsweise des Revolvers. Danach hatten alle Gelegenheit auf eine Distanz von zehn Metern ihr Bestes zu geben. Aber auch dieser Lehrgang hatte einmal ein Ende. Zu guter Letzt bleibt festzuhalten, dass eine Begegnung mit einem mit einer Faustfeuerwaffe agierender Angreifer ein sehr gefährliche – wenn auch sehr seltene – Gefahrensituation darstellt. Wir können uns daher auch glücklich schätzen, dass es in Deutschland ein strenges Waffenrecht gibt, welches nur einer sehr begrenzten Personengruppe das Tragen und Führen von Schusswaffen erlaubt. Schusswaffen sind kein "Spielzeug". Das Leben und die Unversehrtheit von Leib und Seele sind unersetzliche Werte, die es an erster Stelle zu schützen gilt. Die Teilnehmer des Lehrgangs gingen reich an Erfahrung – auch mit dem Gedanken der Prävention – und mit neuen Techniken nach Hause, um das Erlernte in den Heimat-Dojos noch einmal zu vertiefen und zwar auch mit dem "vertieften" Bewusstsein, dass echte Pistolen und Revolver Kräfte entfalten, die meist erst im Nachhinein verstanden werden... Wer dem Lehrgang beiwohnen konnte, hatte an diesem Tag Gelegenheit, ein von den beiden Lehrgangsleitern getragenes Höchstmaß an Verschränkung von Theorie und Praxis in Bezug auf Faustfeuerwaffen zu erleben. Vielen Dank für diesen interessanten und spannenden Lehrgang an Dieter Lösgen und Jürgen Rautert.
Volker Schwarz & Andreas Dolny