Deutscher Jiu Jitsu Bund

"Tue Gutes und rede darüber", war das erste und treffendste Sprichwort von Georg-Volkmar Graf Zedtwitz-Arnim, das mir zum Selbstverteidigungskurs mit Frauen aus der Ukraine eingefallen ist. Aber es passt immer wieder, deshalb hier mein Erfahrungsbericht.
Seit über einem Jahr müssen viele Menschen aus der Ukraine vor dem dort laufenden Angriffskrieg flüchten, auch zu uns nach Deutschland. Viele davon sind Frauen, oft auch mit Kindern, die ihre Partner und Väter zum Einsatz an der Front zurücklassen mussten.
Zum Glück waren oft Gastfamilien bereit, sie aufzunehmen bzw. viele Ehrenamtliche in der Lage, mit Rat und Tat zu helfen. Eine von ihnen, Olga Bohnet, die sich auch intensiv als Dolmetscherin engagiert, hatte schließlich die Idee, einen Selbstverteidigungskurs für die ukrainischen Frauen zu organisieren, nachdem ihr ukrainische Volontärinnen immer wieder von tätlichen Angriffen berichtet haben. Da ihr Sohn Elias im Zanshin-Dojo des VfB Erftstadt Jiu Jitsu lernt, kam schnell der Kontakt mit dem dortigen Trainer und erfahrenen Kursleiter Dieter Wilsberg (2. Dan Jiu Jitsu) für weitere organisatorische Absprachen zustande.
Da er schon einige Kurse für Frauen durchgeführt hatte, war das Grobkonzept dafür schnell umrissen und abgestimmt. Die Tücke steckte jedoch auch hier wieder im Detail. Neben einer sprachlichen Unterstützung waren etwa Themen wie die Anreise der Teilnehmerinnen, kulturelle Besonderheiten oder möglicherweise vorhandene Traumata zu klären. Olga Bohnet konnte zudem Pfarrerin Andrea Döhrer von der evangelischen Friedenskirchengemeinde in Erftstadt-Liblar für die koordinierende und finanzielle Unterstützung des Kurses gewinnen.
Zum Glück war auch der VfB Erftstadt schnell und unkompliziert bereit, einen geeigneten Trainingsraum im eigenen Haus zur Verfügung zu stellen, und zwar inklusive Material wie Schlagpratzen und Sandsack. Eine ausreichende Zahl an Teilnehmerinnen war ebenfalls schnell gefunden. Olga und ihr Sohn Elias waren mit ihren Sprachkenntnissen stets eine unentbehrliche Hilfe, um die Kursinhalte zu vermitteln.
 

An sieben Terminen wurden dann Themen wie Achtsamkeit zur Vermeidung kritischer Situationen, Selbstvertrauen sowie einfache Techniken zur Selbstverteidigung vermittelt. Das richtige Fallen zum Selbstschutz, das beherzte Sich-Wehren im Ernstfall (kein Opfer sein!) gehörten ebenso dazu wie Schlag- und Tritttechnik oder das schnelle Weglaufen. Letzteres ist keine Schande, wenn man als Frau dadurch weitere körperliche Angriffe vermeiden kann. Die Angriffsszenen waren dabei realistisch gewählt und teils von den Teilnehmerinnen selbst bestimmt. Durch seine persönliche Art gewann Dieter Wilsberg schnell die Aufmerksamkeit der Teilnehmerinnen, deren Engagement und Lernbereitschaft stets vorbildlich waren. Es wurde aber nicht nur getreten und geschlagen, sondern auch viel gelacht und erzählt.
Bleibt trotzdem zu hoffen, dass das Gelernte hier oder in der Heimat möglichst nicht zum Einsatz kommen muss. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Kurs ein voller Erfolg für Trainer und Teilnehmerinnen war. Mag auch sein, dass manch ein Kummer oder Trauma dabei verarbeitet oder für kurze Zeit vergessen wurde. Aus diesem Grund kann ich nur dazu ermutigen, ähnliche Kooperationen auch in anderen Gemeinden auszuloten und umzusetzen.

Im Zanshin-Dojo des VfB Erftstadt besteht nach dem Kurs zudem die Möglichkeit für alle Teilnehmerinnen, aber auch alle anderen interessierten Erwachsenen und Jugendlichen, Jiu Jitsu als moderne Form der Selbstverteidigung kennen zu lernen. Schnuppertermine sind jederzeit nach Absprache möglich. Infos sind direkt beim VfB Erftstadt zu erhalten: Hennes-Weisweiler-Weg 2 in 50374 Erftstadt (Lechenich), Telefon: (0 22 35) 7 18 30, E-Mail: info@vfberftstadt.de oder https://vfberftstadt.de.
Mein Fazit: Jederzeit gerne wieder! Mein besonderer Dank gilt Olga und Elias Bohnet, Pfarrerin Andrea Döhrer und allen aktiven Unterstützern des Kurses. Oder wie man im Jiu Jitsu sagt: Domo arrigato!

Text und Bild: Dieter Wilsberg