Deutscher Jiu Jitsu Bund

Prüfungen im Jiu Jitsu. – Es war wieder der Tag der Tage, wo das Erlernte und lange Geübte mit einem Partner vor der Prüfungskommission präsentiert werden konnte.
Präsentieren meint hier, dass sich die Jiu-Jitsuka an diesem Tag auf genau diesen Tag und seine Herausforderungen vorbereiten konnten. Präsentieren heißt auch: Ganz bei der Sache, ganz bei sich sein! Schon an dieser Stelle sei ein herzlicher Dank an alle mit der Vorbereitung der Prüfung und der Herrichtung des Dojos Betrauten gerichtet, denn die Vorbereitung beginnt früh: Zunächst sind es Monate, dann Wochen, schließlich Tage, Stunden:
Die Namen der zu Prüfenden werden aufgerufen. Letztendlich ist man in der „Gegenwart“ der Prüfung angekommen: Verbeugung, das Betreten der Matte... Es geht los. – Im Bereich der fortgeschrittenen Kyu-Grade hatten sich für den Prüfungstag einige Jiu-Jitsuka zur Prüfung gemeldet, und zwar im Gürtelspektrum vom 8. Kyu Jiu Jitsu bis zum 2. Kyu Jiu Jitsu (Braungurt mit II. Streifen).
An der Seite von Cheftrainer Sven Harder (1. Dan Jiu Jitsu) hatte Sabine Kloß (2. Dan Jiu Jitsu, 2. Dan Jiudo, Styrumer Turnverein von 1880) in der oberen Halle Platz genommen.
Traditionsgemäß wie in jedem Jahr vor den Sommerferien, fanden im Dojo des TVG Steele 1863 zeitgleich auch die Mon-Prüfungen im Jiu Jitsu statt. In der unteren Halle wurden somit die Mon-Prüfungen im Jiu Jitsu durchgeführt. Prüfer waren Peter Rasche (3. Dan Jiu Jitsu, 2. Dan Jiudo, Bujindo Mülheim) und Volker Schwarz (3. Dan Jiu Jitsu, Bujindo Mülheim), welche bei 26 Prüflingen ein breites Spektrum der Mon-Grade im Jiu Jitsu vorfanden.
Gelernt ist gelernt, sagt man. Beim Präsentieren der Techniken machte sich dann doch bei dem einen oder anderen die natürliche Nervosität bemerkbar, schließlich ist eine Prüfung doch etwas anderes als das Üben für die Prüfung. In der einen Technik spürt man, dass da noch mehr geht, aber die nächste Technik folgt schon, und die nächste und die nächste... Man muss sich auch mental „beeilen“...
Ziel der Prüfungen ist sicherlich auch, nicht zu sehr im Moment zu verharren und sich schnell auf die nächsten Angriffe vorzubereiten. Zu reagieren. Sich zu behaupten! Vom Reagieren ins Agieren kommen. Handeln!
Prüfungen bedeuten, dass man unter Druck steht, und zwar unter dem Druck der zu bewältigenden Aufgabe und unter dem Druck des Moments. Beides zählt. Eine Grundanspannung bei einer Prüfung ist nichts Negatives, denn sie sorgt für volle Aufmerksamkeit. Und das ist genau das, was man in der Selbstverteidigung braucht: offene Sinne und die Offenheit für die konsequente Gestaltung des Moments.
Auf der Matte entscheidet der Moment über das eine oder andere Zehntel und über Bestehen oder Nicht-Bestehen; auf der Straße über Sieg oder Niederlage. Letzteres ist ein „Nicht-Bestehen“ mit erheblichen Konsequenzen. Daher ist jede Prüfung im Jiu Jitsu nicht nur eine Abfrage des Erlernten, die räumlich und zeitlich auf die Matte beschränkt ist. Es ist eine Vorbereitung mit dem Ziel, unter großem Druck handlungs- und leistungsfähig zu werden, zu sein und zu bleiben. Sich an Druck zu gewöhnen. Diesen als große Chance wahrzunehmen. Ohne unter dem vorherrschenden (äußeren und inneren) Druck einzuknicken. Das wäre die falsche Botschaft.
Mit der Zeit wird man lernen müssen, sich von typischen Prüfungssituationen lösen zu können und für jede Sekunde auf eine Prüfung (einen Prüfungsmoment) vorbereitet zu sein. Der Prüfungsmoment muss nicht unbedingt die Matte oder die „Straße“ sein – hierunter kann auch die Arbeit in der Schule oder eine besondere Herausforderung des Alltags fallen. Stichwort „fallen“: An diesem Tag wurde auf allen Matten zu allen Zeiten entsprechend der Grund- und Fallschule des Jiu Jitsu sehr viel gefallen – zur Freude und zum Gefallen aller Anwesenden. Diese beim Abschlagen laute und spektakuläre körperliche Betätigung der besonderen Art hält nicht nur (oder macht) überdurchschnittlich fit, sondern sie ist auch Sinnbild einer positiven Einstellung zum Leben allgemein: „99 Mal hinfallen, und 100 Mal wieder aufstehen.“ Das für Jung und Alt gleichermaßen, den Umgang mit Rückschlägen und großen Erfolgen inbegriffen.
Apropos Erfolg: Am frühen Nachmittag waren in beiden Teilen des Dojos dann die erlösenden Worte zu vernehmen, dass alle Prüflinge bestanden hatten. Spätestens mit der Gewissheit bestanden zu haben, war man wieder in Ruhe bei sich und die Spannung fiel schlagartig ab. Motivation, um den Weg des Jiu Jitsu auf- und abseits der Matte weiter zu beschreiten, sich treu zu bleiben, an sich zu arbeiten und immer und überall nach der stetigen (individuellen) Verbesserung zu suchen und diese wesentliche Aufgabe im Leben anzunehmen.
 

Text: Sven Harder, Markus Lantermann, Volker Schwarzbr
Bilder: Markus Lantermann, Ulli/TVG Essen-Steele