Deutscher Jiu Jitsu Bund

Der Übergang von einem Distanz- zu einem Körperangriff ist oft fließend und eine knifflige Angelegenheit. Wie fließend und knifflig dies sein kann, konnten Jiu-Jitsuka aus sechs DJJB-Vereinen beim Kyu-Lehrgang unter der Leitung von Oleg Tartakowski (3. Dan Jiu Jitsu, 2. Dan Jiudo, Bujindo Mülheim e.V.) im Dojo der Sportfreunde 06 - Sterkrade/Heide e.V. erfahren.
Besonders zu erwähnen ist, dass zwei Schüler aus dem Zanshin Dojo Wilhelmshaven am 9. April 2016 – dem Lehrgangstag – rund 600 km weit gefahren sind, um an diesem Lehrgang teilzunehmen – Chapeau! Nach der zeremoniellen Begrüßung erfolgte eine erste theoretische Einleitung in das Thema des Lehrganges. Abwehrtechniken im Übergang von Distanz- zu Körperangriffen verlangen vom Verteidiger, dass er einen Angriff als solchen erkennen muss, um diesen anschließend mit der passenden Abwehrtechnik zu parieren.

Die Aufmerksamkeit der Jiu-Jitsuka wurde dabei unter anderem auf die korrekte Distanz und das richtige Timing gelenkt. Nach diesen einleitenden Worten und Hinweisen begann das Aufwärmtraining, welches paarweise mit wechselnden Partnern durchgeführt wurde. Zwischen Hüpfen, Kräftigen und Dehnen übten die Budoka wiederholt die passive Kampfhaltung ein, die bei den folgenden Abwehrtechniken als Ausgangshaltung dienen sollte. Auch bei der anschließenden Fallübung wurden weitere Bausteine für den kommenden Technikteil vorbereitet.
Um den Übergang von einem Distanz- zu einem Körperangriff praktisch und strukturiert zu erarbeiten, wurde der Angriff zu drei Zeitpunkten unterbrochen.
  • Der erste Zeitpunkt "FRÜH!" ist der optimale Augenblick und besteht aus dem frühen Erkennen eines Angriffs. Die Budoka sollten dafür aktiv und aufmerksam sein, um agieren zu können bevor sich der Angriff voll entfaltet. So konnten sie durch Ausweichen und Einnehmen einer sicheren Position gepaart mit selbstbewusstem Auftreten den Gegner einschüchtern und den Angriff abwenden.
  • Der zweite Zeitpunkt "KNAPP!" behandelte einen Angriff aus mittlerer Entfernung, auf den es zu reagieren galt. Der eigentlich geplante Angriff des Gegners konnte durch das schnelle Reagieren nicht plangemäß durchgeführt werden, sodass der Verteidiger eine Abwehrtechnik aus noch vorteilhafter Lage ausführen konnte.
  • Der dritte und letzte trainierte Zeitpunkt "SPÄT!" war die nötige Abwehrtechnik im letzten Augenblick, denn der Angreifer konnte seinen angedachten Angriff umsetzen. Diese Abwehrtechniken entsprechen vielfach den sonst geübten Verteidigungen im Trainingsalltag.

Im Laufe des Lehrgangs entstand der Konsens, dass die Zeitpunkte "FRÜH!" und "KNAPP!" deutlich angenehmer zu verteidigen sind. Nichtsdestotrotz haben die Budoka die Abwehrtechniken zum "SPÄT!"-Zeitpunkt vorbildlich gemeistert, sodass ein möglicher Zeitpunkt "zu spät" nicht geübt werden musste...
Die unterschiedlichen Angriffe und Abwehrtechniken mit ihren teils Judo- und Karate-betonten Variationen wurden mit jeweils unterschiedlichen Partnern trainiert. Auf diese Weise konnten die Jiu Jitsuka die Unterschiede in Körpergröße, Gewicht und Kraft in ihre Abwehrtechniken einfließen lassen. Abschließend wurden alle erarbeiteten Abwehrtechniken wiederholt und gefestigt, indem die Lehrgangsteilnehmer erneut mit ihren gewohnten Partnern üben konnten.
Am Ende müssen nicht unbedingt die einzelnen Abwehrtechniken vom Lehrgang mitgenommen werden, sondern eher die Prinzipien der jeweiligen Ansatzpunkte im Timing und der Distanz zum Angreifer beim Übergang von Distanz- zu Körperangriffen. Ein herzliches Dankeschön an die Lehrgangsteilnehmer, die das gute Wetter draußen ignoriert haben, um am Lehrgang teilzunehmen und an die Oberhausener Sportfreunde für die Unterstützung und für das Bereitstellen des Dojo.

Text: Oleg Tartakowski
Fotos: Frank Reichelt