Deutscher Jiu Jitsu Bund

Die Kampfkünste (wirklich) von Grund auf zu beherrschen – das ist eine besondere Aufgabe für den Budoka, insbesondere wenn es sich um den Bereich des Körperschutzes bei verschiedenen Frontalangriffen handelt – denn das war das Thema des Lehrgangs für Kyu-Grade von Grün- bis Braungurt mit zweitem Streifen. Lehrgangsleiter war Josef Djakovic (8. Dan Jiu Jitsu) vom Bujindo Mülheim e.V., der am 28. März 2015 die zahlreich erschienenen Jiu-Jitsuka im Dojo des TSV Viktoria Mülheim in Empfang nehmen konnte.
Josef Djakovic betonte bereits zu Beginn des Lehrgangs die Wichtigkeit der grundlegenden Elemente, die wir – auch wenn sie bereits verinnerlicht sind – immer wieder aufs Neue üben müssen. Zu diesen wichtigen Dingen gehört auch der Körperschutz. Mit der zentralen Aufgabe des Körperschutzes wollte Josef Djakovic die Teilnehmer an ein wichtiges Thema heranführen.
Grundsätzlich kann der Mensch von jeder Seite angegriffen werden, aber das Spektrum der Angriffsseiten kann auf einige exemplarische Richtungen beschränkt werden. – Schon während des Aufwärmtrainings wurden die Jiu-Jitsuka von Josef Djakovic an den Umgang mit unterschiedlichen Frontalangriffen gewöhnt. Nach der Aufwärmphase wurde auch das schnelle und saubere Ausweichen aus dem Angriff geübt, da das Ausweichen allgemein das wichtigste Element einer jeglichen Abwehrtechnik (vor allem bei Messer, Pistole und Revolver) darstellt. Hierbei wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass der ganze Körper heraus bewegt wurde.

Diese Grundbewegungen finden sich in jedem Lehrgang wieder – und werden selbstverständlich auch im Rahmen von Prüfungen abgefragt. Bestimmte "Prüfungen" – Notsituationen – haben Menschen bei Missachtung der grundlegenden Bewegungsformen und Verhaltensweisen oft besonders "gut" durch erfahrenen Schmerz behalten müssen, und zwar genau dann, wenn vermeidbare Nachlässigkeiten im Spiel waren. Das Herausgehen aus dem Angriff ist der wichtigste Moment einer Abwehrtechnik gegen einen unbewaffneten oder (gefährlichen) bewaffneten Angriff.
Auch das Bewusstsein und das Gefühl für die Distanz zum Gegner und seine Mobilität wollen geschult sein. So kann ein flinker Kämpfer mit einem Stock oft sehr schnell große Distanzen überwinden, und plötzlich ist er bei mir, ich in seiner Reichweite. All das muss beachtet werden. Der menschliche Körper mit seinen zahlreichen Schwachstellen hat bekannterweise im Laufe der Evolution keinen Schutz – etwa einen Panzer wie eine Schildkröte oder ein Insekt – gegen derartige Angriffe entwickelt.
Es war auch nicht nötig. Aber der Mensch hat über Jahrtausende und über unzählige Generationen hinweg die Kampfkünste geschaffen – im Sinne des Angriffs und der Abwehr –, und auch im Jiu Jitsu lautet die Devise "Mit Verstand arbeiten, ausweichen und den Gegner mit Technik, Mut und Entschlossenheit besiegen!" Jede Technik muss erst einmal in Ruhe verstanden und "gefühlt" werden, so hatte Josef Djakovic die entsprechenden Abwehren gegen bewaffnete und unbewaffnet Angriffe zunächst als exemplarische Techniken demonstriert.

          

Dabei wurden an diesem Lehrgangstag nicht nur die technischen sondern auch die verschiedenen kulturellen und philosophischen Aspekte des Jiu Jitsu angesprochen. Ein Gegenstand wird schließlich erst durch die Absicht des Handelnden zur Waffe. Ein Messer kann nützliches Instrument oder tödliche Schnittwaffe sein; ein Regenschirm schützt vor Regen, doch seine Spitze wird in der Hand eines Kämpfers ebenfalls verheerende Wirkung erzielen. Gleiches gilt für den Kurz- oder Langstock; eine Faustfeuerwaffe gilt ohnehin als gefährliche Waffe, wobei sich ihr Zweck ausschließlich auf das Dasein als Waffe erstreckt…
Wichtig ist immer, dass man beim Training darauf achtet, niemals den Respekt vor der Waffe zu verlieren, egal aus welchem Material sie ist! Auch eine Holzpistole oder ein Holzmesser ist eine "tödliche" Waffe. Hier ist die mentale Seite des Übens mit Schusswaffen zu beachten, denn jede noch so "harmlose" Attrappe steht für eine möglicherweise scharfe Waffe. Für die zum Teil bis aus Ransbach-Baumbach angereisten Jiu-Jitsuka hatte Josef Djakovic schon am Freitagabend beim Training zusätzliche Übungseinheiten mit eingebaut, die sich auf dem Lehrgang an der einen oder anderen Stelle zur Vertiefung wiederfanden. Es hängt eben alles irgendwie zusammen. Die Erfolgsformel ist auch hier das Üben der Techniken, bis sich ihr Sinn aus der Bewegung selbst ergibt.
Dann "sitzt" die Abwehr und die Bewegung "fließt" wie von selbst. Nachdem Josef Djakovic den Schülern noch ausreichend Gelegenheit gegeben hatte, das Erlernte zu rekapitulieren und in einem theoretischen Teil zu verarbeiten, bedankten sich die Lehrgangsteilnehmer mit einem kräftigen Applaus für den ausgesprochen interessanten Lehrgang.

Volker Schwarz & Andreas Dolny